STEINBRUCHBAHN OSTERMUNDIGEN |
|
Zusammengefasst von Hans Rudi Lüthy, Gestaltung von Franz Straka |
|
Daten der Strecke |
|
Konzessionsgesuch für Steinbruchbahn 1865 Betriebseröffnung: 12. September 1871 Betriebslänge: l,4 km Davon Zahnstange: 480 m Spurweite: 1.435 mm Betriebseinstellung: 1902 |
|
Ganz in der Nähe von Bern, der Bundeshauptstadt der Schweiz, befindet sich die grosse Wohngemeinde Ostermundigen. Hier hat die Steinbruchgesellschaft Ostermundigen 1865 ein Gesuch zum Bau einer Anschlussbahn von der damaligen Station Ostermundigen an der Centralbahn Bern-Thun in die Steinbrüche am Ostermundiger Berg hinauf in der Spurweite 1.435 mm (Normalspur) eingereicht. Ein grosser Befürworter des Projektes war der damalige Bankpräsident und Eisenbahnförderer Jakob Stämpfli. Niklaus Riggenbach, ein Freund von Jakob Stämpfli, erhielt den Auftrag für den Bau der Steinbruchbahn Ostermundigen. 1870 wurde die Bahn fertiggestellt. |
|
Die Steinbruchbahnum ca. 1880 auf der zahnradstrecke am Steinbruchweg. Foto: Reprobearbeitung H. keusen, Ostermundigen |
Die Strecke war 1,4 km lang, davon 480 m mit Zahnstange bei 10 Prozent Steigung. Die Bahn war damit die „ ERSTE“ Zahnradbahn Europas. Weil Niklaus Riggenbach gleichzeitig die Vitznau-Rigi-Bahn baute und diese als das viel wichtigere Projekt betrachtete, musste die „offizielle“ Inbetriebnahme der „Steinbruchbahn Ostermundigen“ zurückgestellt werden. Mit Verspätung wurde dann am Geburtstag von Niklaus Riggenbach, dem 21. Mai 1871 die Rigibahn eröffnet und erst am 12. September 1871 wurde die Bahn in Ostermundigen offiziell dem Betrieb übergeben. |
Die entsprechenden Einweihungsfeierlichkeiten fanden am 6. Oktober 1871 statt. Die Bahn war 31 Jahre lang in Betrieb. Anno 1902 wurden die Abbauarbeiten in den Steinbrüchen eingestellt, womit auch der Bahnbetrieb zum Stillstand kam. Die Blütezeit des Sandsteines war nur eine kurze Zeit, da andere billigere Baumaterialien – Ziegelstein und Beton – sich durchsetzten, womit der Absatz im Steinbruch sank und unrentabel wurde. Die Geleiseanlage im Steinbruch wurde 1907 abgebrochen. |
|
Geschichte des Rollmaterials |
|
Von 1871-1875 wurde eine Lokomotive verwendet, die den sinnigen Namen „GNOM“ trug. Sinnig deshalb, weil ein „Gnom“ bekanntlich ein Berggeist ist und die Lokomotive zwischen hohen Sandsteinwänden hindurch in die Steinbrüche von Ostermundigen hineinfuhr. Die Lokremise befand sich auf dem Berg. Wegen steigenden Bedarfes wurde 1876 eine weitere Lokomotive angeschafft (Nr. 2) mit dem Namen „ELFE“, womit das „Pärchen aus der Bergmythologie“ beisammen war und der gemeinsame Arbeitsdienst alltäglich bestens verrichtet wurde. |
|
Die Lokomotive „ GNOM “ stellte eine grosse Besonderheit dar, war sie doch die erste konstruierte Zahnradlok, die in der Werkstatt der Schweizerischen Centralbahn in Olten, wo Niklaus Riggenbach Werkstattleiter war, gebaut wurde. Sie hatte auch als erste Zahnradbahnlokomotive überhaupt einen Gemischantrieb, d.h. von gleichem Antrieb aus konnte mit Zahnrad oder herkömmlich mit Rad/Schiene gefahren werden. Der Antrieb erfolgte auf die Zahnradachse und von hier mit Kuppelstange auf die hintere Achse mit den grossen Rädern. Diese selbst waren mit ihrer Achse nicht starr, sondern über eine Klauenkupplung verbunden. |
Die Lokomotive "Gnom" als Denkmallok vor der Hauptwerkstätte Olten zwischen 1979 - 2000. Foto: Reprobearbeitung H. keusen, Ostermundigen |
Die auf einem Innenrahmen aufgebaute Maschine hat einen Nassdampfkessel, ein offenes Führerhaus und Behälter für Wasser und Kohle (1200 kg). Die zweite Dampflok „ ELFE “ wurde 1876 von der Internationalen Gesellschaft für Bergbahnen in Aarau gebaut, (Betriebs-Nr. 12) welche von Niklaus Riggenbach gegründet und geleitet wurde. Bei dieser Konstruktion wurden neue Erkenntnisse angewendet. Ein grosser Unterschied zur „Gnom“ liegt im Antrieb. Er wirkt auf eine Vorgelegewelle und mit einer Untersetzung auf das Zahnrad und eine Blindwelle. Von dieser werden die Treibräder über Kuppelstangen angetrieben. Dieses Antriebsprinzip kam einige Jahre später z.B. bei den Lokomotiven der Achenseebahn in Tirol zur Anwendung. |
|
|
|
Fünf Jahre nach der Stillegung wurde das Rollmaterial zum Preis von Franken 65.500.-- pro Lok an die Firma von Roll verkauft. So begann die zweite Lebensphase der beiden Maschinen, auf dem Werksgelände in Gerlafingen für die „Elfe“ und in Rondez für den „Gnom“. Beide waren vorwiegend als Rangiermaschinen im Einsatz. Das Führerhaus wurde zum Schutz des Personals bei beiden Maschinen geschlossen. Beim „Gnom“ wurde auch der Zahnradnatrieb ausgebaut, da er nicht mehr benötigt wurde. Die beiden Lokomotiven standen bis 1942 im Dienst. Dass sie nicht verschrottet wurden, ist dem damaligen Direktor der Von Roll, Herrn Dr. Düby zu verdanken. Dieser hat erkannt, dass es sich um historisch interessante Lokomotiven handelt und hat sie unter Schutz gestellt. So wurde der „Gnom“ von den Lehrlingen der von Roll liebevoll restauriert. Die Zahnräder und das Zahnrad zum Antrieb waren nicht mehr auffindbar und so wurden Attrappen aus Holz nachgefertigt. |
|
Lokomotive H 1/2 Nummer 1 (Baujahr 1870) "GNOM". Foto: VHS/Slg.SVEA |
1976 stellte Rudolf Wiedmer von der Vereinigung der Eisenbahnfreunde Ostermundigen bei der Gemeinde Ostermundigen den Antrag, Bestrebungen für das Zurückholen beider Dampflokomotiven zu unternehmen, dies ganz im Einverständnis mit dem Verkehrshaus der Schweiz (als nunmehrige Besitzerin). Dank Bemühungen des Gemeindepräsidenten Hr. Knöpfel gelang dies teilweise. |
Seit dem 8. Mai 1981 steht die Lok „ELFE“ als Betriebsnummer 2, Baujahr 1876 als Denkmal in Ostermundigen und erinnert vor Ort an die Geschehnisse im Steinbruch vor über 140 Jahren. Im Beisein einer illustren Gästeschar wurde die Dampflok mitsamt einem offenen Güterwagen mit einem Kran auf den Sockel gehoben und mit einem Dorffest gefeiert. Für die Lok Nr. 1 „GNOM“ hatte die SBB einen Denkmalplatz vor der Hauptwerkstätte Olten bestimmt, wo sie von 1979 bis 2000 stand. Wegen Umbauarbeiten musste sie den Platz räumen und kam zur Aufarbeitung und Rekonstruierung an die Dampflokgruppe der Oensingen-Balsthal-Bahn. Es ist deshalb zu hoffen, dass diese Lok einmal wieder mit Volldampf auf den Schienen steht. Möge die Gedenkstätte in Ostermundigen noch viele an die harte Arbeit im Steinbruch und an die erste Zahnradbahn Europas erinnern. |
|
Quelle |
|
-Rud. Wiedmer/Geschichte der Steinbruchbahn aus Hauszeitung Karton u Papierfabrik Deisswil |
|
Zusammengestellt von Hans Rudi Lüthy, Gestaltung von Franz Straka November 2011 |
|