Der Bergbahnpionier - Niklaus Riggenbach 21.5.1817 – 24.7.1899 |
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Berichterstattung HR. Lüthy-Pavan, Gestaltung Franz Straka |
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In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Männer, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für den Werdegang der Technik, insbesondere im Eisenbahnwesen, zur Verfügung stellten. Ingenieur Niklaus Riggenbach ging hier als bedeutendster Bergbahn-Pionier in die Geschichte der Schweizer Bahnen ein. Unter den verschiedenen markanten und hervorragenden Männern der Schiene, wie Dr. Ing. h.c. Roman Abt, Oberst Eduard Locher und Ingenieur Emil Strub, um nur diese erfolgreichen Bergbahn-Pioniere des 19. Jahrhunderts zu nennen, ist Niklaus Riggenbach wohl der eigenwilligste, aber auch einer der erfolgreichsten gewesen. |
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Portrait von Riggenbach. Sammlung F. Straka |
Am 21. Mai 1817 in Gebweiler im Elsass als Kind begüterter Eltern geboren – der Vater besass eine Rübenzucker-Raffinerie – erlebte der junge Niklaus vorerst eine sehr glückliche Jugendzeit. Seine erste Schulbildung genoss er in Gebweiler und Basel. Eine durch die damalige Kontinentalsperre verursachte geschäftliche Krise brachte den ehemals so erfolgreichen Vater Riggenbach an den Rand des Ruins und zum gesundheitlichen Zusammenbruch. Niklaus, nach dem allzu frühen Tod des Vaters in eine kaufmännische Lehre eines Tuchgeschäftes „gesteckt“, fand an dieser Berufsrichtung keinen Gefallen. Sein Prinzipal sah ihn in diesem Beruf als ungeeignet, sodass er 1832 austrat und zu seiner Mutter übersiedelte, die inzwischen in Basel ein Spezereigeschäft eröffnet hatte. Ihr gelang es, den Knaben als Lehrling in eine Basler Bandfabrik zu geben. |
Die Maschinen interessierten ihn hier mehr als der „Bürokram“, sodass er sich entschloss Mechaniker zu werden. Dies trotz allen Einwendungen seiner Mutter. Von 1833 – 1836 absolvierte er in der Bandstuhlwerkstätte eine Mechanikerlehre mit gutem Abschluss. Als echter Handwerksbursche wanderte Niklaus Riggenbach im Jahre 1836 nach Lyon, der damaligen Zentrale der europäischen Seidenindustrie. Durch seinen Eifer brachte er es als 20 Jähriger zum Werkführer. Ende 1837 reiste er nach Paris, wo er sich weiter auszubilden hoffte und besuchte unter anderem Vorlesungen des „Conservatoire des Arts et Métier“. |
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VRB Dampflok H 17 bei Rigi-Kaltbad im Juli 1983 Foto: H. Sigrist/SVEA |
Einen tiefen Eindruck machte auf ihn die schnaubende Lokomotive des ersten Eisenbahnzuges Paris – St. Germain. Lokomotivbauer zu werden, war nun sein sehnlichster Wunsch. Der Zufall wollte es, dass die Direktion der Kessler'schen Maschinenfabrik in Karlsruhe 1839, als bekannte Lokomotivfabrik, in Paris tüchtige Mitarbeiter suchte, wobei man auch auf Riggenbach und seine Kollegen stiess. In diesem Werk fand nun der Lokomotivbegeisterte bald seine Anstellung. Dort war nun Niklaus Riggenbach an seinem richtigen Platz. |
Der Kontakt mit dem englischen Lokbauer Baillie weckte in ihm den Wunsch, die englische Sprache zu erlernen. Er bewährte sich dermassen gut, dass er bis zum Betriebsleiter aufstieg. In diesem bedeutenden Werk wurden in der Folge auch die vier ersten Lokomotiven für die jungen Schweizer Bahnen erstellt, Maschinen, deren erster Riggenbach persönlich im Jahre 1847 nach Zürich zur Nordostbahngesellschaft brachte. Der Probezug nach Schlieren und zurück wurde ebenfalls von ihm geführt. Im gleichen Jahr heiratete er in Karlsruhe eine Baslerin, die Enkelin von Ratsherrn Socin. |
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Unter Riggenbachs technischer Leitung wurden bis 1853 in Karlsruhe 150 Lokomotiven gebaut (darunter die vier Maschinen „Limmat“, „Aare“, „Rhein“ und „Reuss“ für die Schweizerische Nordbahn). Mit der Wahl von Karl von Etzel zum Oberingenieur der Zentralbahn im Jahre 1852, der Riggenbach von Karlsruhe her kannte, bot sich ihm die Gelegenheit, wieder in die Schweiz zurückzukehren, indem er als Vorstand der in Olten zu errichtenden Hauptwerkstätte gewählt wurde. Bis 1856 blieb er in Basel und reiste nach Österreich zu Probefahrten der Lokomotiven auf der Semmeringbahn, um Erfahrungen für die Verwendung von |
Die Vitznau-Rigi-Bahn, das grosse Werk von Niklaus Riggenbach: Bahnstation Vitznau im Massentourismus: Lok der Serie 1-2 im Vordergrund, Lok 7 in der Mitte. Ca. 1890. (Lok 7 fährt 2009 in der Sommersaison) Foto: VHS-Luzern. |
Lokomotiven bei der Zentralbahn zu sammeln. Auch unternahm er Vergleiche zwischen dem deutschen und dem belgischen Lokomotivbau. Mit der Übernahme seiner Tätigkeit als Werkstättevorstand in Olten führte Riggenbach neben der Reparatur von Lokomotiven und Wagen auch den Neubau von Lokomotiven durch (ihm schwebte wohl ein „schweizerisches Esslingen“ vor), sodass die Werkstätte zu einer eigentlichen Maschinenfabrik wurde.
Selbst ganze Eisenbahnbrücken, Drehscheiben, Schiebebühnen, Depotausrüstungen, Caissons usw. wurden in der Fabrik hergestellt.
So wurden in Olten von 1858 bis 1890 insgesamt 53 Lokomotiven, meist für die SCB selbst aber auch für Private, gebaut. Von 1880 an liess Riggenbach Lokomotiven für ausländische Bergbahnen herstellen (z.Bsp. Sechs Zahnradlokomotiven für Südamerika (Corcovado, Petropolis) und eine Lok für Oberlahnstein). Nicht zu vergessen ist die erste Lokomotive der Welt für Zahn- und Adhäsionsbetrieb, die Riggenbach nach eigenen Plänen im Jahre 1871 für die Steinbruchbahn Ostermundigen bei Bern in der Werkstätte Olten baute. Das Zahnradprinzip war eigentlich schon seit 1811 von Blenkinshop an seiner Dampfmaschine bekannt. Riggenbach fand heraus, wie man das Problem der Steigungsverhältnisse lösen konnte und und im August 1863 wurde ihm in Frankreich ein Patent erteilt mit der Nummer 59625 in welchen zwei Zahnstangen- und zwei Lokomotiv-Konstruktionen beschrieben sind. In der Schweiz war man an dieser bestechenden technischen Lösung vorerst nicht interessiert. |
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Die HG 2 "Caspar Honegger", gebaut 1876 als Fabriknummer 11 in der Maschinenfabrik Aarau. Aufnahme der 17t schweren Lokomotive in der Maschinenfabrik Rüti/Sulzer, Rüti ZH ca. 1962. Foto: Slg.SVEA |
Wenig bekannt ist, dass sich zur genialen Idee des Praktikers – topographische Hindernisse mittelst Zahnstange und Zahnrad mit Evolventenverzahnung zu überwinden – auch der Beitrag der technischen Wissenschaft trat. Kein Geringer als Prof. C. Culmann, der Schöpfer der graphischen Statistik der jungen Eidgenössischen Technischen Hochschule verbesserte in enger Zusammenarbeit mit Ing. Riggenbach diese später so erfolgreiche Konstruktion. Auf den Rat des damaligen Generalkonsuls der Schweiz Hitz in Washington, der Riggenbach besuchte, entschloss er sich |
zum Bau der Rigi-Bahn, die von Vitznau nach Rigi-Kulm führen sollte. Er fand dabei die Unterstützung der Ingenieure Zschokke und Oberst Ing. A. Naef. Am 21. Mai 1871 , am 54. Geburtstag von Niklaus Riggenbach, konnte diese erste Bergbahn Europas festlich dem Betrieb aufnehmen.
Die Schnurtobelbrücke, ebenfalls in Olten gebaut konnte als Meisterwerk der Eisenkonstrukteure bezeichnet werden. Der grosse Erfolg mit der Rigibahn, das grosse Interesse, welches für dieses Bergbahnsystem einsetzte sowie namhafte Aufträge zum Studium und Bau solcher Bahnen, führten am 24. Januar 1873 zur Gründung der „Internationalen Gesellschaft für Bergbahnen“ mit Sitz in Aarau. Riggenbach und seine Freunde Oberst Naef und Oliver Zschokke übernahmen die Leitung der in Aarau erstellten Maschinenfabrik, die bis zu 300 Arbeiter beschäftigte. Gebaut wurden hier auch die technischen Ausrüstungen der Arth-Rigi-Bahn, der Rorschach-Heiden-Bahn, der Rigi-Scheidegg-Bahn (nicht deren Lokomotiven) und der Lausanne-Ouchy-Bahn. Die ausbrechende Wirtschaftskrise, die sich auch auf die Eisenbahnen ungünstig auswirkte und zu einem Stillstand im Bahnbau führte, zog das neue Unternehmen in Mitleidenschaft, so dass sich die Gesellschaft im Jahre 1880 wieder auflöste. Die Werkstätte in Aarau hatte von 1873 bis 1880 zwölf Lokomotiven gebaut. Riggenbach war auf Auslandreisen um Aufträge an Land zu ziehen als die Fabrik in Konkurs gegangen war. Da Niklaus Riggenbach seine Stellung bei der Zentralbahn im Jahre 1873 aufgegeben hatte, betätigte er sich nach der Auflösung der Bergbahngesellschaft in Olten als Zivilingenieur für Seil- und Zahnradbahnen im In- und Ausland. Reisen zur Verwirklichung derartiger Aufträge oder Gutachten führten ihn nach Südamerika, Indien, Algerien, Spanien, Portugal und Italien. Mit der Eröffnung der Seilbahn in Bom Jesus de Braga (Portugal) 1882 zeigten sich seine Erfolge in dieser Sparte ab. |
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Wenig bekannt ist, dass Riggenbach und seine Freunde beim Bau der Gotthardbahn mitwirkten, als man nach Mitteln und Wegen suchte, um finanziellen Schwierigkeiten zu begegnen, sich lebhaft für eine Gotthard-Zahnradbahn auf den Bergstrecken mit den grössten Gefällestufen einsetzten. Niklaus Riggenbach war nicht nur Konstrukteur, sondern auch Politiker, war er doch in den Jahren 1866 bis 1868 solothurnischer Grossrat. Beim Kampf um die Gäubahn (Olten-Solothurn) setzte er sich mit Energie für den Bau derselben durch die Centralbahn ein, wofür ihm die Gemeinde |
Die seitliche Beschriftung, "CASPAR HONEGGER" als Mitbegründer der Maschinenfabrik Rüti. Foto: Slg.SVEA |
Wangen an der Aare zum 60. Geburtstag einen Becher mit folgender Widmung schenkte: „dem Förderer der Gäubahn Niklaus Riggenbach zu seinem 60. Geburtstag, am 21. Mai 1877“. Riggenbach begutachtete im Auftrage des Eisenbahn-Komitees für das Prättigau und Davos auch das Projekt für den Bau einer Schmalspurbahn Landquart-Davos. Er fand nach eingehenden Studien heraus, dass von der Erstellung einer Normalbahn (der grossen Kosten wegen) Abstand genommen werden sollte und eine Schmalspurbahn mit teilweisem Zahnradbetrieb den Verhältnissen entsprechen würde. |
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Zum Dank für sein erfolgreiches Wirken haben ihm die Städte Olten und Aarau sowie die Gemeinde Trimbach das Ehrenbürgerrecht verliehen. Im Stadtgarten Olten erinnert ein kleines Denkmal an den bedeutenden Bergbahnpionier. Aufgrund seiner Beharrlichkeit brachte er es vom kleinen Mechaniker zu einem hervorragenden Meister seines Faches. 82-jährig verstarb Niklaus Riggenbach am 24. Juli 1899. |
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Quellen |
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Ernst Mathys: Männer der Schiene; Jümmerly & Frey, 1955 |
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Auszug aus Bergbahnpionier Riggenbach/“Der öffentliche Verkehr“ |
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Eisenbahn-Amateur 05/96 |
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Berichterstattung von HR Lüthy-Pavan Gestaltung von Franz Straka Dezember 2009 |
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