Adolph Guyer-Zeller
Eisenbahnpionier und die Jungfraubahn, 1.5.1839 – 3.4.1899
Berichterstattung / Übernommene Version HR. Lüthy-Pavan, Gestaltung Franz Straka
Adolph Guyer-Zeller wurde am 1. Mai 1839 in Neutal (Tösstal) geboren, wo er die Dorfschule besuchte und später in die Kantonsschule aufstieg. Sein Studium für technisches Fachwissen erwarb sich Guyer- Zeller durch den Besuch von Fachkursen am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich von 1858 – 1860. Er unternahm Reisen nach Frankreich, England und Nordamerika. Versetzen wir uns zurück ins 19. Jahrhundert, als das Eisenbahnfieber allseits ausgebrochen war, wo Eisenbahnen wie „Pilze aus dem Boden“ wuchsen, wo der Staat auf die Eisenbahn verzichtete und damit der Privatinitiative freie Entwicklung zubilligte. Wo jeder Bahnunternehmer die Konkurrenz durch den Bau neuer Bahnlinien zu parallelisieren suchte. In diese Zeit fällt das Wirken von Adolph Guyer-Zeller wurde im Volksmund „Eisenbahnkkönig“ genannt.
Portrait von Adolph Guyer-Zeller Foto: OeV 1962
Seine technische Ausbildung schuf bei ihm einen Weitblick mit einem unbegrenzten Willen, die weder Angst noch Hindernisse kannten. Wenig kümmerte sich Guyer-Zeller darum, was man von ihm sagte und dachte. Was er für richtig hielt, das führte er mit oder ohne Hindernisse aus. So ist es auch klar, dass er in der Öffentlichkeit zu einer stark umstrittenen Persönlichkeit geworden ist. Das Hauptziel Guyer-Zellers war die Kapitalanhäufung nach amerikanischen Begriffen. Dies geht schon daraus hervor, dass er einmal ein Bündel von über 3.000 Aktien der VSB (Vereinigten Schweizer-Bahnen) auf sich übertragen haben soll.
Während der Krisenjahre der Eisenbahn konnten Bahnaktien zu „Schundpreisen“ gekauft werden, die Guyer-Zeller aber von der Börse fernhielt. Er ging beim Ankauf dieser Wertpapiere von der Überzeugung aus, dass die Eisenbahnen wieder einen Aufschwung nehmen müssten und die Krise nur eine vorübergehende sei. Als sein Besitz von Bahnaktien in die Millionen ging erachtete er den Zeitpunkt als gegeben, sich auf den Präsidentenstuhl der NOB (Nordostbahn) zu setzen, um damit weitgehenden Einfluss auf die weitere Entwicklung dieses Unternehmens und auf die Eisenbahn im allgemeinen zu erhalten. Ihm und einer Gruppe von Finanzgrössen gelang es, die Direktoren und den Verwaltungsrat der NOB abzulösen.

Rowanzug aus der Anfangszeit aus dem 7 km langen Tunnel kommend. Foto: OeV 1962

Die einzelnen Rowan-Lokomotiven werden noch für Arbeitszüge verwendet. Kleine Scheidegg 1996
Foto: H.R. Lüthy
Dass dieses Vorgehen einen Sturm und grosses Aufsehen in allen Volkskreisen hervorrief ist nicht verwunderlich, ist es doch kein alltägliches Ereignis, dass ein einzelner Aktionär die Abberufung einer ganzen Direktion und eines ganzen Verwaltungsrates verlangt und auch durchführen konnte. Vorsichtigerweise hat Guyer-Zeller die Regierungsvertreter der Kantone Aargau und Zürich in die Abberufung nicht einbezogen.

Rowanzug aus dem Jahre 1904 unter dem berühmt berüchtigten Eiger Fallboden August 1988
Foto: Erwin Suter

Die Eigenart, von Guyer-Zeller, die sich bis zur Starrköpfigkeit steigern konnte, geht auch aus dem Verhältnis zum Personal seines Unternehmens hervor. Nach jahrelangem erfolglosem Kampfe des Personals um eine Besserstellung löste dieses Verhältnis 1897 den Nordostbahn-Streik aus, der die Intervention des Bundesrates erforderte und zum Nachgeben der Bahn, respektive Guyer-Zellers führte. Als Hauptaktionär der Nordostbahn hat nun Guyer-Zeller sein Interesse, die Prosperität des Unternehmens zu fördern, das durch eine unglückliche Bahnpolitik nicht nur einer äussern, sondern ebensosehr einer innern Krise verfallen war, die die Unternehmer an den Rand des Ruins führte. Sein Augenmerk galt nun einer Eingabe an den Bundesrat auf Erlass eines Nebenbahngesetzes, das einerseits den Nebenbahnen erleichternde Konzessionsbestimmungen gewähren und ihnen anderseits die finanzielle Mitwirkung der Hauptbahnen garantieren sollte. Dies blieb aber ohne Erfolg.

Zu seinen Bestrebungen der Förderung normalspuriger Nebenbahnen gehörte auch das bündnerische Eisenbahnnetz, woraus sein Projekt einer Engadin-Orientbahn mit 75 Millionen Franken hervorging. Während seiner Präsidentschaft bei der Nordostbahn können ihm eine Reihe von Erfolgen gutgeschrieben werden.
So die Inbetriebsetzung der Eisenbahnlinien Zürich-Stadelhofen zum Hauptbahnhof Zürich, Etzwilen-Feuerthalen und Schaffhausen, Thalwil-Zug und Eglisau-Schaffhausen in den Jahren 1894 – 1897 . Sodann fallen auch die Bahnhofumbauten von Zürich und die Güterbahnhofe Winterthur und Schaffhausen in seine Tätigkeitsperiode. Die Krönung seiner Eisenbahntätigkeit bildete aber die Initiative für die Jungfraubahn. Seine Ideen entwarf er auf einem Zettel Papier anlässlich einer Bergtour aufs Schilthorn mit seiner Tochter am 27. August 1893.

Pendelzug (ab 1955 in Betrieb) oberhalb des Kleinen Scheidegg im August 1988 Foto: Erwin Suter
Das Konzessionsgesuch an den Bundesrat erfolgte am 20. Dezember 1893 und erst nach ziemlich stürmisch verlaufenen Sitzungen wurde am 21. Dezember 1894 die Konzession erteilt. Am 17. Juni 1895 trat die wissenschaftliche Kommission, welcher prominente Persönlichkeiten verschiedener Fachgebiete angehörten, zur Beratung des Projektes zusammen. Noch im gleichen Jahr wurde das Terrain bis zum Eigergletscher besichtigt und am 27. Juli 1896 erfolgte auf der Kleinen Scheidegg der erste Spatenstich. Guyer-Zeller rechnete mit einer Bauzeit von sieben Jahren und einer Bausumme von 7,5 Millionen Franken bis zum Gipfel der Jungfrau. Ohne die vollständige Verwirklichung seiner Lieblingsidee zu erleben, starb Guyer-Zeller am 3. April 1899 . Es fanden sich alsdann Männer, die das begonnene Werk vollendeten und die Jungfraubahn am 18. Juni 1903 bis Eigerwand, am 25. Juli 1905 bis Eismeer und am 1. August 1912 bis Jungfraujoch in Betrieb nahmen (nach einer Bauzeit von 16 Jahren mit der höchstgelegenen Bahnstation in Europa). Insgesamt wurden 12 Millionen Franken verbaut. Diese Tat allein würde es rechtfertigen, Guyer-Zeller unter die Eisenbahnpioniere einzureihen. Bereits 1889 befassten sich zwei Ingenieure (Köchlin und Trautweiler) unabhängig voneinander mit dem Bau einer Eisenbahn auf die Jungfrau. Dieses Projekt mochte wohl bei Guyer-Zeller die Initiative ausgelöst haben. So bleibt sein Name mit der Jungfraubahn und mit der Forschungsstation (für welche er einen Betrag von Fr.100.000 zur Verfügung gestellt hat) verbunden.
Quellen

•  Ernst Mathys: Männer der Schiene; Jümmerly & Frey, 1955.

•  Geschichte über Guyer-Zeller im „Der öffentl. Verkehr“

Berichterstattung von HR Lüthy-Pavan
Gestaltung von Franz Straka
März 2011